Aus der Komfortzone ins Jetzt

In dieser Woche habe ich einen runden Geburtstag gefeiert. Der Tag war sehr schön für mich. Früh morgens habe ich mir etwas Zeit genommen und mich aus meiner Komfortzone bewegt. Den Großteil des Tages habe ich dann im Kreis der Familie verbracht und sehr genossen.
 
Runde Geburtstage und Druck zur Veränderung
Der runde Geburtstag war für mich eine gewisse Erleichterung, weil ich in den letzten 1-2 Jahren immer wieder diese neue Zahl im Kopf hatte und mich unter Druck gesetzt fühlte, bis dahin noch bestimmte Dinge erledigen zu müssen oder Veränderungen angestoßen zu haben. Zwar habe ich zu diesem Datum nicht mehr die Welt gerettet (zumindest nicht im Großen) und auch nicht den Weltbestseller geschrieben. Dennoch habe ich in der Rückschau in den letzten Jahren einiges positiv an meinem Leben verändert. Und dieses eine feste Datum ist letztlich nur ein Konstrukt in meinem Kopf, die Veränderungen sind vielmehr ein stetiger, zum Teil holpriger Prozess.
 
Lebensjahre vom Ende betrachtet
Ein gewisses mulmiges Gefühl mischte sich dazu, dass nun schon viele Lebensjahre hinter mir liegen und die Zeit schnell an mir vorbei zieht. Angst habe ich deshalb nicht verspürt. Aktuell fühle ich mich körperlich sehr fit, besonders was meine Ausdauer im Sport angeht. Und mental bilde mich mir ein, jung geblieben zu sein, auch wenn das vermutlich nur andere beurteilen können. Wichtig ist mir die Besinnung auf die wichtigen Dinge und vor allem die wichtigen Menschen und das bewusste genießen der Zeit mit ihnen. Carpe Diem ruft es da klischeehaft im Hinterkopf und wer sich nicht noch einmal den Club der toten Dichter ansehen will sollte sich Tim Urbans Artikel „The Tail End“ dazu durchlesen.
 
Wie viele Male noch?
Tim visualisiert sehr eindrucksvoll die Tage, Wochen, Monate im Leben eines Menschen auf einer Seite Papier. Exemplarisch stellt er sein Leben nicht nur in Zeiteinheiten dar, sondern auch in bestimmten Aktivitäten und Events. Zum Beispiel wie viele Winter hat er schon erlebt und noch vor sich, wie viele Super Bowl Finals wird er noch sehen, wie oft wird er noch im Meer schwimmen oder wie viele Bücher wird er noch lesen.
 
Zeit mit wichtigen Menschen
Am Beispiel der Zeit mit seinen Eltern macht er klar, wie wenig Zeit einem noch bleibt, wenn Erlebnisse nicht gleichmäßig über das Leben verteilt sind. Als Kind verbringt man einen Großteil seiner Zeit mit den Eltern. Wenn man irgendwann das Haus verlässt beschränkt sich die Zeit meist auf einzelne Besuche oder Urlaube, so dass die prozentuale Zeit, die einem mit seinen Eltern noch verbleibt sehr klein wird. Ähnliches gilt für die Zeit mit Geschwistern oder Freunden. Das kling vielleicht morbide, aber ich denke es ist sehr gut, sich das vor Augen zu führen, um die kurze Zeit oder die wenigen Male, die man bestimmte Dinge noch erlebt, intensiv zu erleben und zu genießen.
 
Schlussfolgerungen
Tims folgert daraus:
 
  1. Es ist von Bedeutung, in der Nähe von den Menschen zu leben, die man liebt. Man hat deutlich mehr verbleibende Zeit mit Menschen in seiner Nähe, als mit Menschen, die weiter entfernt wohnen.
  2. Die Prioritäten sind von Bedeutung. Die verbleibende Zeit mit einem Menschen hängt zum großen Teil davon ab, welche Position man einer Person auf seiner Prioritätenliste gibt. Wichtig ist, dass man die Liste selber bewusst gestaltet hat und sie nicht durch unbewusste Trägheit entstanden ist.
  3. Die Qualität der Zeit, die man mit Menschen verbringt, die man liebt ist von Bedeutung. Man sollte sich stets vor Augen halten, dass es die Zeit kostbar ist.
 
Meine Erkenntnisse
Drei Dinge sind mir an meinem Geburtstag klar geworden:
 
  1. Es tut mir sehr gut, neue Dinge auszuprobieren und mich aus der Komfortzone zu bewegen.
    Im Sinne eines Mikro Abenteuers habe ich mich zum „Early Board“ beim Wasserski angemeldet und versucht auf Brettern über das Wasser zu gleiten. Die Einweisung des wortkargen Trainers zum Start war denkbar knapp. „Drei Dinge sind wichtig: tiefe Hocke, viel Körperspannung und ein Lachen im Gesicht – und jetzt los!“. Nach anfänglichen, unsanften Begegnungen mit der Wasseroberfläche hat es sehr gut geklappt und mir sehr viel Spaß gemacht. Das Gefühl mit 30km/h übers Wasser zu gleiten war intensiv und gab mir ein tolles Gefühl von Lebendigkeit, inklusive Grinsen im Gesicht. Die Lebendigkeit spürte ich auch zwei Tage danach noch immer durch Muskelkater am ganzen Körper…
     
  2. Die Zeit mit Menschen zu verbringen, die mir wichtig sind ist unbezahlbar.
    Ich hatte einen sehr schönen Nachmittag und Abend im Kreis der engsten Familie. Ich konnte mit meinen Kindern im Garten spielen, sehr gute Gespräche mit meinen Eltern, Schwester, Schwiegereltern und mit meiner Frau führen. Das ist durch nichts zu ersetzen.
     
  3. Im Hier und Jetzt zu sein macht den Unterschied.
    Wenn ich auch weiß, wie viel es mir bringt fällt es mir oft nicht leicht dies umzusetzen. An diesem sonnigen Tag habe ich es irgendwie gut hinbekommen und werden den Tag in lebhafter Erinnerung behalten. Es braucht regelmäßige Übung (z.B. durch Meditation) und kleine Erinnerungen daran, nicht permanent gedanklich in der Zukunft oder der Vergangenheit zu verweilen.
     
Passender Weise wurde mir das folgende Zitat des Dalai Lama als Postkarte geschenkt:
„Es gibt nur zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist Gestern, der andere Morgen. Dies bedeutet, dass heute der richtige Tag zum Lieben, Glauben und in erster Linie zum Leben ist.“
 
Ich verspüre große Dankbarkeit für diesen schönen Tag und die Menschen, die für mich da waren und an mich gedacht haben.

1 Kommentare zu “Aus der Komfortzone ins Jetzt

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